Der Weihnachtsmann und seine Steuererklärung
Tief im Norden, dort, wo der Schnee selbst im Sommer liegen bleibt, saß der Weihnachtsmann an einem ungewöhnlich vollen Schreibtisch. Neben ihm stapelten sich keine Wunschzettel, sondern Belege. „Das war ein investitionsintensives Jahr“, murmelte er und rückte seine Brille zurecht.
Der alte Schlitten hatte endgültig ausgedient. Also hatte er in einen neuen investiert – leichter, leiser, nachhaltiger. Die Rentiere waren begeistert. Die Weihnachtsengel ebenfalls, denn sie hatten endlich ergonomische Arbeitskleidung bekommen. Keine flatternden Gewänder mehr, sondern funktionale Jacken mit Taschen für Sternenstaub, Zuckerstangen und Notizzettel.
Und dann war da noch das neue Handy. Ein echtes Profigerät. Schließlich musste der Weihnachtsmann erreichbar sein – für die Engel, die Werkstatt, die Logistik und gelegentlich auch für das Christkind. Lieferketten wollten koordiniert werden.
In der Werkstatt hatte sich ebenfalls viel getan: neue Werkbänke, bessere Beleuchtung, leisere Maschinen. „Investitionen in die Zukunft“, hatten die Engel gesagt. Und der Weihnachtsmann hatte genickt. Schließlich wollte er, dass alles reibungslos lief – auch für die kommenden Jahre.
Nun aber saß er da und betrachtete die Unterlagen.
„Auch ich muss wohl eine Steuererklärung machen“, seufzte er. Ein Engel mit besonders ordentlicher Handschrift trat vor. „Natürlich“, sagte er freundlich. „Aber schau: Der Schlitten ist ein bewegliches Wirtschaftsgut. Die Arbeitskleidung dient ausschließlich dem Betrieb. Und das Handy… na ja, fast ausschließlich.“ Der Weihnachtsmann lächelte. „Gut, dass ihr den Überblick behaltet.“
Draußen begann es leise zu schneien. Drinnen wurde gerechnet, sortiert und abgelegt. Nicht aus Pflichtgefühl, sondern aus dem Wunsch heraus, alles richtig zu machen. Ordnung, fand der Weihnachtsmann, sei schließlich auch eine Form von Fürsorge. Als die letzte Rechnung abgeheftet war, klappte er den Ordner zu. Er lehnte sich zurück, trank einen Schluck Kakao und sah zufrieden aus. „Jetzt“, sagte er, „kann Weihnachten kommen.“
Und irgendwo zwischen Rentieren, Engeln und Zahlen lag die Erkenntnis:
Selbst der Weihnachtsmann braucht manchmal jemanden, der mitdenkt.
